Der Gesprächskreis Homosexualität
Totgeschlagen - Totgeschwiegen -
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»RosaWinkelGedenkbuch« Paul Klotz |
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Geboren am: | 21.11.1897 |
Geburtsort: | Magdeburg | |
Hingerichtet am: | 27.11.1944 | |
Verlegeort: | 〉 39104 Magdeburg, Große Steinernetischstraße & Breiter Weg | |
Initiator: | Stadtverband DIE LINKE Magdeburg | |
Zum Lebensweg: |
Paul Klotz, geboren am 21. November 1897 in Magdeburg, Schlosser, wohnhaft zuletzt in Magdeburg,
Kleine Steinernetischstraße 22. Am 3. August 1944 zum Tode verurteilt, hingerichtet am 27. November
1944 im Zuchthaus Halle.
Vom Werdegang und von den Lebensverhältnissen des aus Magdeburg-Fermersleben stammenden Paul Klotz wissen wir nur wenig. Seine Eltern heißen Oswald Klotz und Klara geborene Knopf. Sie wohnen in der Mansfelder Straße 8. Paul zieht später in die Kleine Steinernetischstraße. Er bezeichnet sich als Dissident, also als aus der Kirche ausgetreten, aber gottgläubig. Er ist von Beruf Schlosser/Einrichter. Er bleibt ledig. Laut einer polizeilichen Personenbeschreibung ist er 1,69 m groß, hat braune Augen, dunkles Haar und eine schlanke Gestalt und Tätowierungen auf beiden Unterarmen. Da wir leider nur aus den Polizeiakten etwas von ihm wissen, erscheint sein Leben seit seinem 35. Lebensjahr als eine Kette von Verhaftungen, Verurteilungen und Gefängnisaufenthalten. Wann und aus welchen Gründen Paul Klotz erstmalig "straffällig" wird, ist nicht zu ermitteln. Aber unmittelbar nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten gerät er wegen seiner Homosexualität (es wird ihm "Vornahme unzüchtiger Handlungen" vorgeworfen) am 27. September 1933 in Polizeihaft. Obwohl es offenbar nicht zu einer Anklage kommt (er wird bereits am 28. September entlassen) und obwohl er auch nach einer erneuten Verhaftung am 3. Mai 1935 schon nach wenigen Tagen, am 9. Mai 1935, wieder frei kommt - er bleibt im Visier der Polizei. Am 2. Juli 1935 wird er wegen Beleidigung (vermutlich mit homosexuellem Hintergrund) zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Er tritt seine Gefängnisstrafe am 22. November 1935 an und wird am 23. Dezember 1935 in das Gerichtsgefängnis Halberstadt überstellt, von wo aus er wohl einem Arbeitskommando Oschersleben zugewiesen wird. Nach seiner Haftentlassung wohnt er in der Kleinen Steinernetischstraße 16. Nach knapp einem Jahr, am 23. Januar 1937, wird er erneut verhaftet. Die Anschuldigung lautet diesmal: 〉 "Vergehen gegen das Heimtückegesetz" von 1934. Paul Klotz ist also als Nazigegner denunziert worden. Am 14. Mai 1937 wird durch das Amtsgericht Magdeburg eine Strafe von 1 Jahr und 3 Monaten Gefängnis verhängt, die er im Geföngnis Schönebeck verbüßt. Vermutlich im Mai 1938 entlassen, gerät er am 3. Dezember 1938 erneut in Magdeburg in Untersuchungshaft wegen des Verdachts, sich gegen § 175 vergangen zu haben. Das Urteil über 1 Jahr und 2 Monate Gefängnis (ein Monat gilt durch die Untersuchungshaft als verbüßt) wird am 13. Januar 1939 verhängt. Als er im Februar 1940 entlassen wird, hat er keinen festen Wohnsitz. Ist ihm wegen seiner mehrfachen Gefängnisaufenthalte die Wohnung gekündigt worden? Er findet aber in derselben Straße, der Kleinen Steinernetischstraße 22 wieder eine Wohnung. Es vergehen etwa vier Jahre, bis Paul Klotz am 14. April 1944, wieder unter dem Vorwurf, gegen § 175 verstoßen zu haben, erneut verhaftet wird. Am 3. August 1944 wird er durch die Jugendschutzkammer beim Landgericht Magdeburg als "gefährlicher Gewohnheitsverbrecher" zum Tode verurteilt. Die Revision des Angeklagten wird am 16. Oktober 1944 durch das Reichsgericht verworfen. Am 27. November 1944 erfolgt im Zuchthaus Halle (Saale) durch den 〉 NS-Henker Roselieb die Hinrichtung durch Enthauptung. In der Niederschrift über die Vollstreckung findet sich die Bemerkung: "Der Verurteilte hat als gefährlicher Gewohnheitsverbrecher mit Jugendlichen gleichgeschlechtlichen Verkehr ausgeübt". War der Anzeigende Verwaltungs- Angestellter Kurt Banse an der Ermordung beteiligt? Die Leiche wird zum 〉 Gertraudenfriedhof in Halle transportiert; am 30. Juli 1945 wird die Urne beigesetzt und später in die Abteilung "Opfer des Faschismus" umgebettet. |
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Quellen & Recherche: • Rainer Hoffschildt, Hannover; Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt; überarbeitet, ergänzt: Lothar Dönitz, Berlin, 2025 Aktenauswertung von Michael Fiebig, Halle. • Ahnenforschungsportal 〉 Ancestry; Halle (Saale), Sachsen-Anhalt, Deutschland, Sterberegister 1874-1957 für Paul Klotz Anmerkung: Der 〉 NS-Henker Alfred Roselieb lebte 23 Jahre bis 1969 unbehelligt in der Stadt Burgwedel in der niedersächsischen Region Hannover. Zwei Gehilfen Roseliebs wurden von einem Schwurgericht in Halle am 14 Juni 1946 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilt. Ein weiterer Beschuldigter, der Gehilfe Karl T. starb 1945 noch vor einem Urteil in der Untersuchungshaft. Die Provinzialregierung Sachsen-Anhalt in Halle an der Saale lehnte am 5. Februar 1947 eine Begnadigung ab. Johannes K. und Andreas R. wurden am 19. Juni 1947 in der Strafanstalt Coswig enthauptet. (S. 107) (Quelle: 〉 Hannoversche Allgemeine, 06.10.2015) Siehe auch: 〉 Berufswunsch Henker - Warum Männer im Nationalsozialismus Scharfrichter werden wollten von Klaus Hillenbrand. E-Book Erscheinungstermin: 10.09.2013 ISBN 9783593420936 Campus Verlag |