Der Gesprächskreis Homosexualität

der Ev. Advent-Kirche Berlin-Prenzlauer Berg
war Initiator der Gedenktafel für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus.

Totgeschlagen - Totgeschwiegen -
den homosexuellen Opfern
des Nationalsozialismus

Gedenktafel für die Homosexuellen Opfer - KZ Sachsenhausen

Gedenkbuch

für die bisher namentlich bekannten ermordeten Homosexuellen des KZ Sachsenhausen & des Männerlagers im KZ Ravensbrück

Max Hermann Heidrich



Häftlingsnummer 45584
KZ Buchenwald
Kein Stolperstein vorhanden.
Geboren am: 16.11.1898
Geburtsort: Dresden
Ermordet am: 24.09.1942
Verlegeort:  
Initiator:  
Zum Lebensweg: Max Hermann Heidrich wurde am 16. November 1898 in Dresden als Sohn des Eisenbahnsekretärs Hermann Heidrich geboren und evangelisch getauft. Nach dem Besuch der Volks- und später der Handelsschule begann er im Jahre 1913 eine kaufmännische Lehre in einem Dresdner Betrieb. Dort arbeitete er auch nach Abschluss der Ausbildung als kaufmännischer Angestellter bis zum Eintritt in das Militär im November 1916.

Im Zuge des Ersten Weltkrieges wurde er dreimal verwundet und kehrte schließlich 1919 nach Dresden zu seinem früheren Arbeitgeber zurück. Für seine Leistungen im Krieg erhielt er das Eiserne Kreuz zweiter Klasse, das Verwundeten-Abzeichen sowie das Kriegsverdienst-Kreuz.

Nach einer kurzen Anstellung an der Allgemeinen Deutschen Kreditanstalt in Dresden, ging Heidrich nach Leipzig, um dort als Bankangestellter zu arbeiten, bis er diese Stelle 1926 für eine sechs Jahre andauernde Selbstständigkeit aufgab.

1932 verlor er dann sein Geschäft aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse und war fortan für drei Jahre arbeitslos gemeldet.

Aus dem Auszug seines Strafregisters geht hervor, dass Heidrich am 4. Juni 1931 erstmals wegen schwerer Urkundenfälschung von einem Gericht in Hannover zu einer Woche Gefängnishaft verurteilt wurde und im Dezember desselben Jahres noch einmal wegen Betrugs zu wahlweise 60,- Reichsmark oder 12 Tagen Gefängnis.

Vermutlich hat ihn die Arbeitslosigkeit dazu bewegt, mit Rauschgift zu handeln, was im Jahre 1934 von einem Gericht in Hannover mit einer Strafe von 50,- Reichsmark oder 5 Tagen Gefängnis bestraft wurde.
Schon drei Monate später wurde er wiederum in Hannover, am 13. April 1934, nach § 175 RStGB zu einer Woche Gefängnis verurteilt. Diese sieben Tage Haft hatte er aber bereits durch die Untersuchungshaft verbüßt.

Heidrich zog nach dieser Strafe nach Wilhelmshaven und wurde dann im August 1938 vom Landgericht Oldenburg aufgrund eines "Sittlichkeitsverbrechens" nach § 175 infolge von Volltrunkenheit zu einer Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt, welche er am 1. Oktober 1938 antrat.

Nach der Strafe war Heidrich als kaufmännischer Leiter des technischen Büros Wilhelmshaven der Deutschen Bau A.G. Berlin tätig. Die Kriminalpolizei Wilhelmshaven verhaftete ihn am 15. Februar 1941. Wiederum vom Landgericht Oldenburg wurde Heidrich nun am 5. Juni 1941 wegen "widernatürlicher Unzucht" nach §175 zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnishaft verurteilt. Um diesen Zeitraum erhielt er wegen Veruntreuung von Geldern seines Arbeitgebers eine weitere Haftstrafe, welche mit der ersten zu insgesamt einem Jahr und neun Monaten Gefängnis zusammengelegt wurde. Darüber hinaus hatte er die Möglichkeit, seine Haftstrafe durch Zahlung von 1000,- Reichsmark um zehn Tage zu verringern. Noch am selben Tag begann seine Strafhaft in der Strafanstalt Oldenburg. Am 3. Juli 1941 wurde er in das Strafgefängnis Wolfenbüttel überführt.

Obwohl seine Haft am 24. November 1942 enden sollte, wurde Heidrich am 12. Dezember 1942 per Sammeltransport in das Polizeigefängnis Wilhelmshaven verlegt.

Sein weiteres Schicksal ist zunächst unklar. Offenbar transportierte man ihn am 16. Januar 1943 in das ⟩  KZ Neuengamme bei Hamburg, wo er die Häftlingsnummer 15.146 erhielt. Auf der Häftlings-Personal-Karte ist mit einem Stempel die "Hollerith-Erfassung"1  vermerkt.

Belegt ist auch, dass Max Heidrich am 5. März 1944 von einer Baubrigade, in Zuständigkeit des KZ Neuengamme, zur Baubrigade 5, in Zuständigkeit des ⟩  KZ Buchenwald, überging, er dort von der SS als Homosexueller eingestuft wurde und die Häftlingsnummer 45.584 erhielt. Hier beschrieb man ihn wie folgt: 1,70 m groß, kräftige Gestalt, graue Augen und dunkelblondes Haar.
Karteikarte


Bild: 🔎 Häftlings-Personal-Karte KZ Buchenwald; Haftgrund § 175; seit 26.03.1944
Letzter Wohnort: ⟩  Wilhelshaven, Oldenburger Straße 15
Weiterhin ist nur noch bekannt, dass er, nachdem er am 29. Oktober 1944 dem ⟩  KZ Mittelbau-Dora bei Nordhausen in Thüringen zuging. Hier wurde er möglicherweise am 12. Dezember 1944 im Alter von 46 Jahren ermordet (?).

Andererseits gibt es auch einen Hinweis darauf, dass er dem Männerlager des KZ Ravensbrück in Brandenburg zu einem nicht bekannten Zeitpunkt zuging und dort die Häftlingsnummer 14.236 erhielt. Diese Häftlingsnummer könnte auch später vergeben worden sein.
Autor: Rainer Hoffschildt (Hannover); Lothar Dönitz (Berlin, 2020).
Fußnote:
1 Vgl. Black, Edwin: IBM und der Holcaust. Die Verstrickung des Weltkonzerns in die Verbrechen der Nazis; Ullstein-Taschenbuchverlag, 1. Auflage Oktober 2002, S. 9 ff.
Quellen:
Niedersächsisches Landesarchiv, Staatsarchiv Wolfenbüttel, Signatur: 43 A Neu 4 Jg. 1941 Nr. 218 ff.
Karteikarten im ⟩  Aroslen Archives International Center on Nazi Persecution (ehem. Internationaler Suchdienst Arolsen.)