Der Gesprächskreis Homosexualität

der Ev. Advent-Kirche Berlin-Prenzlauer Berg
war Initiator der Gedenktafel für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus.

Totgeschlagen - Totgeschwiegen -
den homosexuellen Opfern
des Nationalsozialismus

Gedenktafel für die Homosexuellen Opfer - KZ Sachsenhausen

Gedenkbuch

für die bisher namentlich bekannten ermordeten Homosexuellen des KZ Sachsenhausen & des Männerlagers im KZ Ravensbrück

Stefan Ferdinand Schminghoff

Gedenkbuch Stefan Ferdinand Schminghoff Geboren am: 20.02.1888
Geburtsort: Brambauer/Amt Lünen
Ermordet am: 19.07.1940
Beisetzungsort: ⟩  Begräbnisstätte und Erinnerungsort auf dem Friedhof Altglienicke

Ein Schriftzug auf der Glaswand der Erinnerungen erinnert an

Schriftzug Adolf Wachalla

⟩  Begräbnisstätte und Erinnerungsort auf dem Friedhof Altglienicke
Verlegeort: ⟩ 44147 Dortmund, Kurfürstenstraße 32
Initiator: Manuel Izdebski & Dr. Frank Ahland
Zum Lebensweg: Stefan Ferdinand Schminghoff, geb. am 20.02.1888 in Brambauer/Amt Lünen,

Er war Sohn des Bergmanns Theodor Schminghoff und dessen Ehefrau Maria, geborene Nordicker. Der Familienname wurde zu dieser Zeit auch noch "Schminckhoff" geschrieben. Erst später setzte sich die Schreibweise "Schminghoff" durch.

Brambauer war zum Zeitpunkt der Geburt von Stefan Schminghoff eine eigenständige Gemeinde, die zum Amt Lünen gehörte. Die Familie lebte im Haus mit der Nummer 79, Straßennamen waren noch nicht eingeführt. Alte Meldekarteien im Archiv der Stadt Lünen sagen aus, dass die Familie später in der Waltroper Straße 54 wohnte, dann Waltroper Straße 128.

Der Familienname Schminghoff war in Brambauer durchaus verbreitet. Die männlichen Familienmitglieder gehörten vor allem zu den Bergbaupionieren der damals im Ort entstehenden Zeche Minister Achenbach. Durch alte Belegschaftsbücher der Zeche ist verbrieft, dass Stefan Schminghoff dort in jungen Jahren als "Schlepper" arbeitete.

1916 zog Stefan Schminghoff nach Dortmund in die Evinger Straße 15. Zu dieser Zeit war er bereits mit Ottilie Böhm verheiratet, die am 06.01.1891 geboren wurde. Wahrscheinlich war der berufliche Wechsel zur einer anderen Zeche Grund für den Umzug. Für die Bergleute jener Zeit war es nicht unüblich, das Bergwerk zu wechseln, wenn die neue Stelle bessere Bedingungen versprach. Das konnte auch von der Zeche zur Verfügung gestellter Wohnraum sein. Durch das Zentralarchiv der Ruhrkohle AG ist bestätigt, dass Stefan Schminghoff zumindest kurzzeitig als Hauer auf der Zeche Kaiserstuhl II in Dortmund beschäftigt war. Später findet sich der Wohnsitz der Eheleute Stefan und Ottilie Schminghoff in der Kurfürstenstraße 32 in der Dortmunder Nordstadt. Die Kurfürstenstraße war der letzte freiwillige Wohnsitz von Stefan Schminghoff vor seiner KZ- Haft.

Über die Verfolgung und Verhaftung von Stefan Schminghoff ist nur wenig bekannt. Wir wissen, dass er bereits 1928/29 eine Haftstrafe im Gefängnis in Münster verbüßen musste. Der Internationale Suchdienst in Bad Arolsen gibt Auskunft, dass Schminghoff am 12. Juni 1940 in das KZ Sachsenhausen eingeliefert wurde und dort die Häftlingsnummer 25 236 mit dem Kürzel "BV 175" trug. Damit gehörte er zur nationalsozialistischen Kategorie der Berufsverbrecher, die wiederholt wegen des § 175 mit dem Gesetz in Konflikt gekommen waren bzw. mehr als einen Mann "verführt" hatten. Er findet sich außerdem in der sog. "Büge-Liste" wieder. Emil Büge war ein Funktionshäftling in der Schreibstube des KZ Sachsenhausen. Heimlich und unter Einsatz seines Lebens fertigte er Listen mit den Namen und Daten der im KZ ums Leben gekommenen 175er-Häftlingen an. Nach den Berichten von Emil Büge wurden allein in der Zeit von 1940 bis 1943 etwa 600 homosexuelle Männer in Sachsenhausen ermordet. Die Büge-Liste befindet sich heute im Archiv der sozialen Demokratie in der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn.

Nur fünf Wochen nach seiner Einlieferung wurde Stefan Schminghoff am 19. Juli 1940 im KZ Sachsenhausen ermordet. Im Totenschein gab man eine »chronische Nierenentzündung« als Todesursache an.

Seine Leiche wurde am 22.07.1940 eingeäschert, die Urne mit der Nummer 233 wurde auf dem ⟩  Städt. Friedhof, Berlin-Altglienicke, Schönefelder Chaussse 100, im Urnen-Sammelgrab, Abteilung U1/U2 46 vergraben.

Stefan Schminghoff wurde 52 Jahre alt. - Die Verlegung des Stolpersteins wurde durch Spenden von Heinz-Ulrich Keller und Manuel Izdebski ermöglicht. Die Verlegung des Steins am 16.12.2016 war eine würdige Zeremonie. Es waren auch Mitglieder der Familie Schminghoff anwesend.

Ausführlicher:
Wir erinnern an Stefan Ferdinand Schminghoff (pdf)
Autor und Foto: © Manuel Izdebski (Dortmund) September 2016; Recherchen im Arolsen Archives: Lothar Dönitz (Berlin) 2022.
Fußnoten:
• Arolsen Archives, Sterbebucheintragungen über verstorbene Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen Sterbeurkunde ⟩  Signatur 4125947
• Arolsen Archives, Sterbebucheintragungen über verstorbene Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen Sterbeurkunde ⟩  Signatur 4125947
• Arolsen Archives; Namenliste über Ausländer, die auf dem Friedhof Berlin-Altglienicke ... ⟩  Signatur 6726000