Der Gesprächskreis Homosexualität

der Ev. Advent-Kirche Berlin-Prenzlauer Berg
war Initiator der Gedenktafel für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus.

Totgeschlagen - Totgeschwiegen -
den homosexuellen Opfern
des Nationalsozialismus

Gedenktafel für die Homosexuellen Opfer - KZ Sachsenhausen

Gedenkbuch

für die bisher namentlich bekannten ermordeten Homosexuellen des KZ Sachsenhausen & des Männerlagers im KZ Ravensbrück

Willy Gosch



Häftlingsnummer 1253
KZ Ravensbrück | Männerlager
Kein Stolperstein vorhanden.
Geboren am: 30.06.1913
Geburtsort: Kiel
Ermordet am: 24.09.1942
Verlegeort:  
Initiator:  
Zum Lebensweg: Willy Gosch wurde am 11. September 1909 in Kiel in Schleswig-Holstein als Sohn eines Eisenbahnarbeiters geboren und evangelisch getauft.

Er wurde zum Schauspieler und Dramaturg ausgebildet und besuchte außerdem die Kunst und Gewerbeschule. In Nordschleswig leitete er eine Laienspielschar. Schließlich fand er eine Anstellung an der Landesbühne Schlesiens.

Ab Mai 1934 wohnte er im sogenannten "Bermuda-Dreick", im "Schöneberger Regenbogenkiez" 
⟩  Berlin W35, Bülowstraße 77.

Er arbeitete als Rollendichter für die Hitlerjugend, Hörspielschreiber für den Rundfunk und hatte eine Bürotätigkeit beim Volkswartbund.

Ende Juni und Anfang August 1935 transportierte man ihn fünfmal in das ⟩  KZ Columbiahaus in Berlin-Tempelhof. 1936 verurteilte ihn ein Gericht in Berlin wegen homosexueller Handlungen zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnishaft.

Am 21. November 1937 nahm die Polizei ihn erneut in Berlin fest und vier Tage später kam er in Untersuchungshaft. Am 28. Februar 1938 verurteilte ihn das Landgericht 23 in Berlin nach §175a, Ziffer 3, zu einem Jahr und neun Monaten Zuchthaushaft und zu drei Jahren Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Vermutlich kam er nun zur Strafverbüßung in das ⟩  Zuchthaus Brandenburg-Görden und in das
⟩  Strafgefangenenlager Walchum im Emsland, jedenfalls war er an diesen Haftorten.

Am 28. September 1939 entließ man ihn aus dem ⟩  Zuchthaus Sonnenburg nach Berlin. Am 6. März 1940 nahm ihn die Polizei nochmals fest. "Besonders verwerflich fanden die Ermittlungsbeamten, dass Gosch trotz des Ehrverlusts als Statist am Staatstheater beschäftigt wurde und dabei eine Ehrenpatenschaft für fünf Stuben des Reservelazaretts im Oskar-Helene-Heim übernommen hatte:
»Es ist eine Unverschämtheit größten Ausmaßes, dass es ein entlassener Zuchthäusler, dem die Ehrenrechte für drei Jahre aberkannt sind, wagt, deutschen Soldaten, welche verwundet im Bett liegen, vorzugaukeln, er sei ein Staatsschauspieler … und würde Gutes tun …'«
1940 verurteilte ihn ein Gericht in Berlin nochmals nach §175 zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnishaft. Die Gestapo befahl nun: "Gosch ist nach der Strafverbüßung, zur hiesigen Dienststelle zurückzusistieren." Nach voll verbüßter Strafe entließ der Justizvollzug ihn am 4. Dezember 1941 nicht in die Freiheit, sondern lieferte ihn der Kriminalpolizei Berlin aus.

Am 29. Januar 1942 transportierte die Polizei ihn in das ⟩  KZ Buchenwald, wo die SS ihn als §175-Häftling einstufte und er die Häftlingsnummer 6.912 erhielt. Die SS stufte ihn wie fast alle Homosexuellen in Buchenwald als "K-Häftling" für die Strafkompanie ein, in der die Häftlinge mit besonders schwerer Arbeit belastet wurden.
Fragebogen


Bild: 🔎 KZ Buchenwald - Häftl. Pers. Bogen; Berliner Wohnanschrift.
Bereits am 13. März 1942 überführte man ihn in das Männerlager des KZ Ravensbrück in Brandenburg, wo er die Häftlingsnummer 1.253 erhielt.

Willy Gosch wurde am 6. April 1942 im Alter von 32 Jahren im KZ Ravensbrück | Männerlager ermordet.
Autor: Rainer Hoffschildt (Hannover), ich danke Andreas Pretzel, Berlin, für die Informationen aus dem Landesarchiv Berlin. Ich danke ⟩  Eberhard Zastrau (* 19.03.1954 † 22.05.2012), der am 18.4.2010 eine Gedenkrede zu ihm hielt, in der er auf Material von Andreas Pretzel zurückgreifen konnte; Lothar Dönitz (Berlin, 2020).
Quellen:
Karteikarten im ⟩  Aroslen Archives International Center on Nazi Persecution (ehem. Internationaler Suchdienst Arolsen.)