Der Gesprächskreis Homosexualität

der Ev. Advent-Kirche Berlin-Prenzlauer Berg
war Initiator der Gedenktafel für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus.

Totgeschlagen - Totgeschwiegen -
den homosexuellen Opfern
des Nationalsozialismus

Gedenktafel für die Homosexuellen Opfer - KZ Sachsenhausen

Gedenkbuch

für die bisher namentlich bekannten ermordeten Homosexuellen des KZ Sachsenhausen & des Männerlagers im KZ Ravensbrück

Alfred Zöller

Gedenkbuch Alfred Zöller Geboren am: 11.07.1912
Geburtsort: Fürth
Ermordet am: 25.05.1940
Verlegeort: ⟩ 90431 Nürnberg, Leyher Straße 25
Initiator: Fliederlich e.V., Nürnberg
Zum Lebensweg: Alfred Zöller kam am 11. Juli 1912 in Fürth auf die Welt1 und machte nach dem Besuch der Volksschule eine Lehre zum Tapezierer und Dekorateur. Später arbeitete er in Fürth als Packer bei den Triumph-Werken, die Fahrräder und Schreibmaschinen herstellten.

Seine Homosexualität lebte Zöller bereits in jungen Jahren relativ offen aus. Ab 1930 besuchte er Treffpunkte der sich damals entwickelnden homosexuellen Szene in Nürnberg und baute sich dort einen Freundeskreis auf. Unweigerlich geriet er so auch in Konflikt mit der Staatsmacht.

1934 wurde der damals 22-jährige Zöller erstmals bei einer Polizeirazzia in der Kneipe "Zur Burg", einem bekannten Homosexuellentreffpunkt, in der Nürnberger Innenstadt, festgenommen. Es folgten weitere Vorfälle, bei denen er polizeilich behandelt wurde. Nach einer Denunziation durch einen Sexualpartner kam es im November 1936 zu einer Strafanzeige gegen Zöller. Das Verfahren gegen ihn war Teil breit angelegter Ermittlungen der Kriminalpolizei gegen die ehemaligen Mitglieder des Homosexuellenvereins "Silhouette", gegen die die Staatsanwaltschaft im März 1937 vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth Anklage erhob. Zöller wurde in dem Prozess zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Mit sichtlichem Missfallen stellte das Gericht fest, dass er kein Geständnis abgelegt und sich bis zum Schluss "uneinsichtig" gezeigt habe.

Nachdem er seine Haftstrafe verbüßt hatte, zog Zöller nach Nürnberg in die Leyher Straße und arbeitete als Zeitungsausfahrer für das "8 Uhr-Abendblatt". Fortan lebte er unter ständiger Beobachtung durch die Kriminalpolizei: Im Juli 1938 wurde er beispielsweise festgenommen, nachdem Polizeibeamte ihn zusammen mit dem ebenfalls im "Silhouette"-Prozess verurteilten Rudolf Koch in der als Homosexuellentreffpunkt geltenden Kneipe "Wirtschaftsraum 3. Klasse" im Nürnberger Hauptbahnhof angetroffen hatten. Aufgrund der Vorstrafen der beiden reichte allein diese Tatsache für eine Festnahme aus. Da Zöller und Koch jedoch vehement bestritten, miteinander intim geworden zu sein, musste die Polizei sie einen Tag später wieder auf freien Fuß setzen.

Im Jahr darauf muss sich jedoch ein weiterer Vorfall ereignet haben und dieses Mal hatten die Polizeibeamten allem Anschein nach eine Handhabe gegen Zöller.

Für Dezember 1939 ist jedenfalls seine Einweisung in das Konzentrationslager Sachsenhausen belegt, die offenkundig auf Anordnung der Nürnberger Kriminalpolizei erfolgte. Dort erhielt er die Häftlingsnummer 011564 und wurde der Häftlingskategorie "BV'er und 175 zugeordnet.2 Wie viele seiner homosexuellen Leidensgefährten war im Bereich der Isolation in den Häftlingsblock 14 bzw. 35 eingesperrt.

Das Lager war dafür bekannt, dass dort Homosexuelle auf besonders grausame Art und Weise gequält und misshandelt wurden. Zöller gehörte zu den Häftlingen, die diese Torturen nicht überlebten. Im Mai 1940 wurde er im KZ Sachsenhausen ermordet. Als Todesursache teilte die Lagerleitung dem Standesamt Oranienburg "Schädelbasisbruch bei Schlägerei" mit.3 Es muss jedoch offen bleiben, ob er von anderen Häftlingen oder von Angehörigen der Lager-SS erschlagen wurde.
Autor: Dr. Matthias Gemählich - Foto: © Geschichte Für Alle e.V., Nürnberg
Quelle: Staatsarchiv Nürnberg. Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth II, 759; Kriminalpolizeileistelle Nürnberg-Fürth, 176
Fußnoten:
1 KZ Sachsenhausen 1936 - 1945: ⟩ Totenbuch
2 Archiv Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen: Zugang am: 21.12.1939, Sonderliste, PROVENIENZ DES ORIGINALS: Russisches Staatliches Militärarchiv, Moskau, 1367/1/24, Bl. 021, AS SIGNATUR: D 1 A/1024, Bl. 484
3 Sterbezweitbuch, Standesamt Oranienburg, Nr. 2755/1940, Bl. 374