Der Gesprächskreis Homosexualität

der Ev. Advent-Kirche Berlin-Prenzlauer Berg
war Initiator der Gedenktafel für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus.

Totgeschlagen - Totgeschwiegen -
den homosexuellen Opfern
des Nationalsozialismus

Gedenktafel für die Homosexuellen Opfer - KZ Sachsenhausen

Gedenkbuch

für die bisher namentlich bekannten ermordeten Homosexuellen des KZ Sachsenhausen & des Männerlagers im KZ Ravensbrück

Ernst Fritz Hermann Mehlisch



Kein Stolperstein vorhanden.
Geboren am: 15.07.1888
Geburtsort: Schlepzig | Spreewald
Ermordet am: 27.01.1940
Verlegeort:  
Initiator:  
Zum Lebensweg: Ernst Fritz Hermann Mehlisch wurde am 15. Juli 1888 in Schlepzig im Kreis Lübben in Brandenburg geboren und evangelisch getauft.1 Der Ledige wohnte später ⟩  Berlin-Mitte, Alte Schönhauser Straße Nr. 56 und war von Beruf Arbeiter. Er hatte zahlreiche Vorstrafen ab 1903, meist wegen Diebstahls, darunter sechs Gefängnisstrafen und drei Zuchthausstrafen, aber keine wegen homosexueller Handlungen. Die Polizei stufte ihn als Gewohnheitsverbrecher ein und überprüfte ihn gelegentlich. Anlässlich einer solchen Überprüfung fand die Polizei Ende Januar 1937 den nur mit einer Unterhose bekleideten 20-Jährigen Melker Johann Teleczkan bei ihm unter dem Bett versteckt. Beide wurden nun verhaftet, da man vermutete, dass sie sexuell verkehrt hätten. Mehlisch nahm die Polizei auf Befehl der Kriminalpolizeistelle Berlin gleich in polizeiliche Vorbeugungshaft und er sollte auch in das KZ Sachsenhausen bei Berlin überführt werden. Für eine Strafhaft sollte er aus der Vorbeugungshaft lediglich beurlaubt werden. Teleczkan war im Waisenhaus, dann in Pflegestellen groß geworden und kam später in Fürsorgeerziehung und in ein Arbeitshaus in Berlin. Die Mutter von Teleczkan sagte im Verhör, dass ihr Sohn längere Zeit in homosexuellen Kreisen verkehrt habe. Er hatte sich von seiner Arbeitsstelle entfernt, trieb sich in Berlin obdachlos herum und hatte Mehlisch zufällig kennengelernt, bei dem er dann sporadisch dreimal übernachtet hatte. Während Teleczkan den Versuch homosexueller Handlungen eingestand, sagte Mehlisch aus, es sei allenfalls zu zufälligen Berührungen gekommen und der Ausspruch "heute machst du mir den Knaben" sei aus Scherz gefallen. Er habe ihn nur aus Mitleid aufgenommen.

Das Schöffengericht Berlin, Abteilung 603, verurteilte beide am 7. April 1937 nach §175 zu Gefängnisstrafen, Mehlisch zu einem Jahr und zehn Monaten, Teleczkan zu einem Jahr und zwei Monaten. Zur Strafverbüßung überführt man Mehlisch am 16. April 1937 zunächst in das Gefängnis Berlin-Plötzensee. Hier beschrieb man ihn wie folgt: 1,67 m groß, schlanke Gestalt, rasiert, braune Augen und dunkles Haar. Weiter ging es am 26. Februar 1938 in das Gefängnis Brandenburg-Havel. Dort vermerkte man auf seiner Karteikarte "Vorbeugungshaft". Sein Gnadenantrag aus Dezember 1938 blieb erfolglos.

Nach voll verbüßter Strafe entließ der Justizvollzug ihn nicht in die Freiheit, sondern man vermerkte in Brandenburg-Havel: "Zur Vorbeugung in das Lager Sachsenhausen bei Oranienburg überführt". Dort erhielt er die Häftlingsnummer 55. Ernst Mehlisch wurde am 27. Januar 1940 im Alter von 51 Jahren im KZ Sachsenhausen ermordet. Die Sterbeurkunde wurde verfälscht, als Todesursache wurde: "Herz- und Kreislaufschwäche" eingetragen.2

Johann Teleczkan transportierte man in das Jugendgefängnis Naugard. Dort entließ man ihn nach voll verbüßter Strafe im April 1938.
Autor: Rainer Hoffschildt, Hannover (April 2018). Ich danke Andreas Pretzel, Berlin, für die Informationen aus dem Landesarchiv Berlin A Rep. 358-02, Nr. 125566, Akte Johannes Teleczkan.
Fußnoten:
1 KZ Sachsenhausen 1936 - 1945: ⟩ Internet-Totenbuch
2 Sterbeurkunde ⟩  im Aroslen Archives International Center on Nazi Persecution (ehem. Internationaler Suchdienst Arolsen.)