Der Gesprächskreis Homosexualität

der Ev. Advent-Kirche Berlin-Prenzlauer Berg
war Initiator der Gedenktafel für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus.

Totgeschlagen - Totgeschwiegen -
den homosexuellen Opfern
des Nationalsozialismus

Gedenktafel für die Homosexuellen Opfer - KZ Sachsenhausen

Gedenkbuch

für die bisher namentlich bekannten ermordeten Homosexuellen des KZ Sachsenhausen & des Männerlagers im KZ Ravensbrück

Fritz Paul Bräuer

Stolperstein für Fritz Paul Bräuer

Stolpersteinverlegung am 8. September 2022

Stolpersteinverlegung fur Fritz Pauk Bräuer


 🔎 Von Rechts, Xenia Trost (Großnichte von Gustav Herzberg), Uwe Bräuer (Großneffe von Fritz Paul) mit Lebensgefährtin


Geboren am: 03.10.1903
Geburtsort: ⟩  Saarau | Schweidnitz (Schlesien)
Ermordet am: 29.06.1942
Verlegeort: 12047 Berlin Neukölln, Pflügerstraße 8
Initiator: Uwe Bräuer, Kiel (Großneffe)
Zum Lebensweg: Fritz Paul Bräuer wurde am 3. Oktober 1903 in Saarau bei Schweidnitz in Schlesien (heute Polen, Żarów ist eine Stadt im Powiat Swidnicki) geboren und evangelisch getauft. Er blieb ledig, wohnte später in ⟩  Berlin-Neukölln, Pflügerstraße 8 und arbeitete als angestellter Buchhalter.

Die Polizei Berlin verhaftete den 35-Jährigen am 20. Juni 1939. Am 1. November 1939 verurteilte ihn das Landgericht Berlin angeblich nach §175a Abs. 3 zu zwei Jahren Zuchthaushaft und zu drei Jahren Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, so wurde es im Register der Staatsanwaltschaft am Landgericht Berlin vermerkt. Eventuelle Vorstrafen konnten bislang in Registern nicht aufgefunden werden.

Zur Strafverbüßung transportierte man ihn zunächst in das Zuchthaus Brandenburg-Görden und von dort am 15. Januar 1940 zur Schwerstarbeit im Moor in das Strafgefangenenlager Aschendorfermoor im Emsland1.

Weiter ging es am 25. August 1940 in das Zuchthaus Bremen-Oslebshausen. Dort vermerkte man, dass er nach der Strafverbüßung dem Polizeigefängnis Berlin zuzuführen sei. Zum Ende seiner Strafe entließ der Justizvollzug ihn am 3. Oktober 1941 nicht in die Freiheit, lieferte ihn der Polizei aus, die ihn nach Berlin überstellte. Von der Kripo Berlin wurde "Schutzhaft" angeordnet.

Am 22. Januar 1942 transportierte die Polizei ihn auf Befehl der Kriminalpolizei Berlin in das KZ Buchenwald bei Weimar in Thüringen, wo man ihn als §175-Häftling einstufte und er die Häftlingsnummer 5.339 erhielt.
Karteikarte


Bild: 🔎 »§ 175-häftling Fritz Bräuer; Effektenkarte KZ Buchenwald; entlassen am 14. März 1942 nach KL Ravensbrück.«
Im Häftlingsalltag waren die Männer mit dem Rosa Winkel besonders harten Existenzbedingungen, brutalen Terror und gezielten Mordaktionen der SS ausgesetzt. Sie wurden in der Regel schweren und schersten Arbeitskommandos zugewiesen. Dort dürfte er wie fast alle Homosexuellen zunächst in die Strafkompanie gekommen sein, in der die SS die Häftlinge mit schwerster Arbeit belastete. Dies stand auch im Zusammenhang mit einem vorherrschenden Klischee, welches darin bestand, den Homosexuellen durch rigiden Arbeitseinsatz ihre Homosexualität „austreiben“ zu können. Sie mussten in einer Weise arbeiten, die zurecht als eine Form der Vernichtung bezeichnet werden kann.

Im Sommer 1942 fand eine Mordaktion an Rosa Winkel Häftlinge im Außenlager Klinkerwerk des KZ Sachsenhausen statt, über 100 Häftlinge wurden zielgerichtet ermordet.

Bereits am 13. März 1942 ging es weiter in das Männerlager des KZ Ravensbrück, wo er die Häftlingsnummer 1.101 erhielt und ebenfalls als Homosexueller eingestuft wurde.2

Fritz Paul Bräuer wurde am 29. Juni 1942 im KZ Ravensbrück im Alter von 38 Jahren ermordet.
Resumee:
»... Ich bin in den letzten Tagen immer wieder im Gedanken an die gemeinsame Verlegung des Stolpersteins. Die Gedanken jagen so durch den Kopf, wie ich es selten im Leben erlebt habe.
Sind es nicht eher Verbeugungssteine, man stolpert ja nicht, nein, man muss sich verbeugen um die Schrift zu lesen. Für mich ist diese Verbeugen eine Verneigung vor dem Toten, dem Opfer einer verbrecherischen Diktatur. Alles was den Nazis nicht passte wurde vernichtet und geriet in Vergessenheit. Aber mit den Stolpersteinen werden sie zurückgeholt. Sie bekamen wieder ihren Namen und wurden wieder öffentlich, für jedermann sichtbar. Leider können diese Steine nicht erzählen was ihr "Opfer" alles erlebt und erlitten hat. Aber wir Lebenden können, wenn wir nur wollen, uns informieren und darauf achten, dass dies nie wieder geschieht...
« (U.B.)
Autoren: Lothar Dönitz (Berlin, 2022), Rainer Hoffschildt (Hannover). Danke an Andres Pretzel (Historiker Berlin).
Fußnoten:
1 Bräuer, Fritz, Brandenburg Görden, Transportliste, Document ID 12117648
2 Bräuer, Fritz,KZ Buchenwald, Transportliste nach KZ Ravensbrück, Document ID 129641613