Der Gesprächskreis Homosexualität

der Ev. Advent-Kirche Berlin-Prenzlauer Berg
war Initiator der Gedenktafel für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus.

Totgeschlagen - Totgeschwiegen -
den homosexuellen Opfern
des Nationalsozialismus

Gedenktafel für die Homosexuellen Opfer - KZ Sachsenhausen

Gedenkbuch

für die bisher namentlich bekannten ermordeten Homosexuellen des KZ Sachsenhausen & des Männerlagers im KZ Ravensbrück

Max August Ludwig Juds



Kein Stolperstein vorhanden.
Geboren am: 09.10.1886
Geburtsort: Köslin | Pommern
Ermordet am: 22.01.1942
Verlegeort:  
Initiator:  
Zum Lebensweg: Max August Ludwig Juds wurde am 9. Oktober 1886 in Köslin in Pommern im heutigen Polen geboren und evangelisch getauft.1 Der Ledige wohnte später in Berlin und war von Beruf Kaufmann und Arbeiter.

Er wurde wegen zahlreicher Diebstähle verurteilt. Das Landgericht 23 in Berlin verurteilte ihn am 17. August 1938 nach §175 zu einer Gefängnisstrafe von vier Monaten. Am 28. September 1938 trat er seine Strafverbüßung zunächst in der Haftanstalt Berlin-Tegel an, wurde dann am 6. Oktober 1938 in das Gefängnis Berlin-Neukölln verlegt und dort am 28. Januar 1939 aus der Haft wieder entlassen.

Noch im selben Jahr transportiert die Polizei ihn anscheinend wegen der Diebstähle in das KZ Sachsenhausen, wo er als "Berufsverbrecher" eingestuft wurde. Offenbar wollte man ihn dort auch als Homosexuellen einstufen. Vom 28. August bis zum 23. September 1941 befand er sich im Häftlingskrankenrevier des KZ Sachsenhausen. Er berichtete später, für ein Gericht in Berlin, wie er wegen seiner Umwinkelung vom grünen Winkel der "Kriminellen" auf den rosa Winkel der Homosexuellen in Sachsenhausen wegen angeblicher homosexueller Handlungen im Lager gefoltert wurde:
"Da ich im Lager Sachsenhausen am 4.7.1939 drei Stunden am Pfahl verbracht hab und da meine Häftlingskleider durch den Schweiß durchnäßt waren, wurde ich abgenommen vom Pfahl und zur Vernehmung geführt, da wurde mir das schon verlesen, so wie meine Anklage lautete, ich beteuerte unter Tränen, daß ich diese Tat nicht begangen habe, darauf wurde mir gesagt, sie würden mich wieder an den Pfahl hängen, da könnte ich mir das überlegen, daraufhin kam ich wieder an den Pfahl, zirka 1/2 Stunde nachher wurde mir Otto G. vorgeführt und er sagte, warum ich mich so quäle, er könnte nicht anders. Und ich konnte es schon nicht mehr vor Schmerzen aushalten, so gab ich das zu, was da oben angegeben ist. Ich wußte ungefähr 10 Tage nicht, ob ich noch ein paar Arme an der Schulter habe, meine Kameraden mußten mir in der Strafkompanie alles machen, da ich nichts konnte anfassen, da ich kein Gefühl in den Armen hatte."2

Außerdem berichtete er folgendes:
"10 oder 14 Tage später wurde ich dem Oberführer Baranowski vorgeführt, der mir erklärte, dass ich 25 Stockhiebe, 3 Tage strengen Arrest (nur bei Wasser und Brot) erhielte und dann dauernd in die Strafkompanie käme. Ich bekam auch die Stockhiebe und wurde nach Verbüßung eines Dunkelarrestes in die Strafkompanie gesteckt, wo ich aber Stubendienst machte und wo mir Pfingsten 1940 der Rosa-Winkel (Kennzeichen für §175) wieder abgenommen wurde."

Das Gericht bat er später um folgendes:
"Ich bitte dem Gericht meine Umstände genau prüfen zu wollen und mein Verfahren einzustellen und mich auf freien Fuß zu setzen und mir für das Konzentrationslager zu verwahren, daß ich nicht mehr zurückkomme."

Im Dezember 1941 war seine neue Hauptverhandlung in Berlin und da er alle Vorwürfe bestritt, sprach das Gericht ihn frei. Das bedeutete aber nur, dass die Polizei ihn am 3. Januar 1942 wieder in das KZ transportierte. Dort traf er vermutlich wieder auf seine alten Peiniger. Max Juds verstarb am 22. Januar 1942 im Alter von 55 Jahren.
Autor: Rainer Hoffschildt, Hannover (Dezember 2017). Ich danke Fred Brade und Joachim Müller, beide Berlin, für die Informationen aus dem Archiv der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen.
Fußnoten:
1 KZ Sachsenhausen 1936 - 1945: ⟩ Internet-Totenbuch
2 Andreas Pretzel, Gabriele Roßbach, Homosexuellenverfolgung in Berlin 1933-1945, Berlin 2000, S. 148 ff.
 Joachim Müller, Andreas Sternweiler, Homosexuelle Männer im KZ Sachsenhausen, Berlin 2000, S. 20, 40, 55, 79, 88, 316.
 Bernd-Ulrich Hergemöller (Hrsg.), Mann für Mann, Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und mannmännlicher Sexualität im deutschen Sprachraum, Berlin 2010.