Der Gesprächskreis Homosexualität
Totgeschlagen - Totgeschwiegen -
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Gedenkbuchfür die bisher namentlich bekannten ermordeten Homosexuellen des KZ Sachsenhausen & des Männerlagers im KZ Ravensbrück |
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Paul O'Montis (bürgerlich Paul Wendel) |
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Kein Stolperstein vorhanden. |
Geboren am: | 03.04.1894 | |||||||
Geburtsort: | Újpest | b. Budapest (Ungarn) | ||||||||
Ermordet am: | 17.07.1940 | ||||||||
Beisetzungsort: | 〉
Begräbnisstätte und Erinnerungsort auf dem Friedhof Altglienicke
Ein Schriftzug auf der Glaswand der Erinnerungen erinnert mit seinen bürgerlichen Namen. |
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Verlegeort: | |||||||||
Initiator: | |||||||||
Zum Lebensweg: |
Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten blieb er zunächst in Deutschland. Paul O’Montis hatte seinen letzten großen
Aufritt in Köln, wo er vom 1. bis 15. Dezember 1935 im Rahmen eines groß angekündigten Kabarett-Festspiels im Kaiserhof
engagiert war. Beenden konnte er sein Gastspiel allerdings nicht mehr. Zwei Tage vor Ablauf der Spielzeit
wurde er von der Kölner Kriminalpolizei auf der Grundlage des § 175 RStGB festgenommen und auf Haftbefehl
des Untersuchungsrichters in das Kölner Gefängnis
Nach verbüßten eineinhalb Jahren Haft floh O'Montis aus Nazideutschland, zunächst in die Schweiz, dann nach Österreich, wo er 1937 seine letzte Schallplatte aufnahm, schließlich in die Tschechoslowakei. In dieser Zeit gastierte er auch in den Niederlanden und Kroatien. Seine letzte Wohnadresse war in Prag,〉 Fügnerplatz 6 (Fügnerovo námestí). Am 15. März 1939 besetzten die faschistischen Truppen den Rest der Tschechoslowakei und O'Montis geriet in die Fänge der Nationalsozialisten. Er wurde verhaftet und verbrachte fast ein Jahr wahrscheinlich in einem Prager Gefängnis. Am 30.Mai 1940 wurde O’Montis schließlich unter der Häftlingsnummer 25131 in das Konzentrationslager Sachsenhausen eingeliefert und in Block 35 eingewiesen. Block 35 gehörte zur sogenannten „Isolierung“3. Dabei handelte es sich um sechs Häftlingsbaracken, die vom restlichen Lager mit einem Zaun abgetrennt waren. Neben Homosexuellen, darunter auch jüdische Homosexuelle, wurden dort sowjetische Kriegsgefangene, sogenannte „Bibelforscher“, also auch Zeugen Jehovas, und andere Häftlingsgruppen gefangen gehalten. Einen Monat nach seiner Einlieferung wurde Paul O'Montis ermordet: 17. Juli 1940 um 2 Uhr »Freitod durch Erhängen«, so wird sein Tod in der Sterbeurkunde bescheinigt. Damit sollte der Tod, der Mord an den einst auch in der Berliner Skala gefeierten Künstlers Paul O'Montis vertuscht werden.4 〉 Emil Büge (Funktionshäftling in der Politischen Abteilung der Lagerkommandantur) nennt in einer Namensliste von rund 60 Männern aus unterschiedlichen Haftgruppen in seinem ausführlichen Kapitel mit der Überschrift »Erschossene, Gehängte und Selbstmörder« ihn »Paul Wendrel«. Darin merkt Büge an: »bei einigen Selbstmorden, die in der SK vorgenommen sind, ist die Annahme wohl begründet, daß es sich nicht um solche handelt, sondern dass die Leute auf Befehl von Ficker und dem vielleicht noch schlimmeren Bugdale gehängt wurden.« 5 Der politische Häftling Robert Brink (Ende 1938 bis September 1940 Blockältester und Lagerältester der Isolierung) berichtet in einer Eidesstattlichen Erklärung6: »Im Block 35 befanden sich die Homosexuellen. [...] Der Blockälteste [...] mordete dauernd Leute in seinem Block. Weder die Lagerleitung, noch die SS in der Isolierung boten diesem Treiben Einhalt. Mir als Lagerältester war es von dem Leiter der Isolierung, Bugdalle, wie auch von den SS-Leuten Knittler und Ficker wiederholt streng untersagt worden, mich um diese Anngelegenheiten zu kümmern. Eines Sonntagnachmittags kam der bekannte Vortragskünstler, genannt Paul Remontes (gemeint Paul O'Monti) zu mir und bat um meinen Schutz, da ihm von Seiten des Blockältesten Ruppel angeroht worden war, er würde in der kommenden Nacht erledigt werden. ... Unter eigener Lebensgefahr ging ich am nächsten Tage, durch den in Nacht tatsächlich erfolgten Mord an Paul Remontes erbittert und ermutigt, zu Bugdalle hin.«Brink konnte wohl die Ablösung Ruppels, doch nicht das Ende des Mordens, erreichen.
Im Gedenkbuch Paul O'Montis zwei Musiktitel:
Aus dem Songtext:〉 »Ghetto«, Kabarett der Weimarer Republik: Paul O’Montis (Recorded 1927-1932) Aus dem Songtext: |
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Autor: Ralf Raber, Essen; Lothar Dönitz, Berlin (2022) Fußnoten: 1 Ralf Jörg Raber, »Beliebt bei älteren Damen und jüngeren Herren« Paul O’Montis – Biografie eines Vortragskünstlers«, Metropol Verlag, Berlin 2021, S. 9 Überholt: Ralf Jörg Raber "Der Sänger Paul O'Montis", in Joachim Müller, Andreas Sternweiler, Homosexuelle Männer im KZ Sachsenhausen, Berlin 2000, S. 207-210 2 Ebenda, S. 156 3 Joachim Müller "Die Isolierung der Homosexuellen", Joachim Müller, Andreas Sternweiler, Homosexuelle Männer im KZ Sachsenhausen, Berlin 2000, S. 102-103 4 KZ Sachsenhausen 1936 - 1945: 〉 Internet-Totenbuch Arolsen Archives, Sterbebucheintragungen über verstorbene Häftlinge des Konzentrationslagers Sachsenhausen 〉 Signatur 10010439 5 1470 KZ-Geheimnisse, Emil Büge, Metropol Verlag, Berlin 2010, S.180 ff 6 Joachim Müller; Ebenda S. 103, 108: "Robert Brink, Bericht als eidesstattliche Erklärung vom 23. August 1946; AS R 68 /22, S. 1-2." |